Wohnhaus Museumsquartier
St.Gallen
Wohnhaus
Studienauftrag

Städtebau und Baukörper
Der Baukörper fügt sich in den vorgesehenen Standort des Bebauungsplanes ein. Er übernimmt die seitlichen Baulinien und die Traufhöhe der angrenzenden Nachbarhäuser. Die ortstypische Gliederung in Sockel, Mittelteil und Dachausbildung wird als Grundanlage übernommen. Das Mansardendach rückt leicht von der Strassenfassade zurück. Die flachere Dachneigung zur Hadwigstrasse hin unterstricht die Bedeutung dieser Fassade zusätzlich. Die differenzierte Behandlung der Fassaden wird auch auf die Gassen- und Hoffassade angewandt. Die Aussenräume der Wohnungen werden in das Volumen integriert. Einzig auf die Hadwigstrasse hinaus werden die Aussenräume für die mittlere Wohnung über ein filigranes Stahlgitter zu einem „Balkon-Erker“ zusammengefasst.
Erschliessung und „Wiesli“
Über die an den Seitenfassaden gelegenen Hauseingänge wird eine grosszügige Innere Gasse erschlossen an welcher die unterschiedlichen Bereiche des Gebäudes angegliedert sind. Direkt auf der Höhe des Strassenniveaus wird die nach Süden zum Hof hin orientierte „Orangerie“ erschlossen. Das Podest der inneren Erschliessungsgasse ermöglicht den direkten Sichtbezug in die Orangerie mit dem direkt anschliessenden Aussenraum. Die Erschliessung der stassenseitigen Erdgeschossnutzungen erfolgt über die erhöhte Innere Gasse. Die serielle Raumaufteilung ermöglicht verschiedene Nutzungen: Wir stellen uns eine durch das gesamte Quartier nutzbare Gästewohnung vor. Die anschliessenden Räume können als Büro / Atelier einzeln vermietet werden oder zusammengefasst als 2.5 Zi Whg. Alternativ wäre auch eine zusammenhängende, grosszügige Wohnung möglich. Vom Podest der Inneren Gasse aus führt die einläufige Treppe in die hofseitige Erschliessungsloggia des 1. Obergeschosses mit den privaten Wohnungen.
Die überhohe, auf Hofniveau gelegene Orangerie mit Zwischenklima liegt ausserhalb des Dämmperimeters. Eine Behaglichkeitsdämmung ermöglicht auch im Winter das periodische Heizen für Anlässe und Veranstaltungen. Die Orangerie wird als Raumkontinuum verstanden ohne fixe Abtrennungen. So unterschiedliche Nutzungen wie ein Atelierbereich, Trocknungsraum, Veloraum, der Zugang zum Lift und der eigentliche Quartierraum schaffen informelle Begegnungen unter den Bewohnern des Haues aber auch der Quartierbewohner. Die Verglasung der Orangerie (filigrane Schlosserarbeit: als Referenz kann die Erweiterung des Glasmuseums in Romont – „Centre des arts du verre“ - gelten) lässt sich grosszügig zum Aussenraum öffnen und schafft eine direkte Verbindung zum „Wiesli“.
Aussenraum
Durch die Situierung des Neubaus wird die Baulücke geschlossen. Es entsteht ein durch die Bauten allseitig gefasster, durchgrünter Innenhof für das Quartier, der sich vom baulich geprägten Umfeld abhebt. Zur Hadwigstrasse ist dem Neubau ein ortstypischer Vorgarten angegliedert.
Zentrum des Innenhofes ist das grosszügige, zur Begegnung einladende „Wiesli“. Einfache Spielgeräte, Bänke und Tische sind in den Randbereichen angeordnet, um im Inneren eine vielfältige, freie Nutzung zu ermöglichen. Die Rasenfläche wird von mit Blütenstauden bepflanzten, bis zu maximal 60 cm hohen Geländemodellierungen und heimischen Bäumen umrahmt. Ein geschützter Bereich mit hoher Aufenthaltsqualität entsteht. Hochwachsende Bäume wie Buche, Linde und Ahorn gliedern den Raum und sind Ersatz für den zu entfernenden Baumbestand. Unter den Baukronen hindurch bleiben die Sichtbeziehungen von aussen nach innen erhalten. Das „Wiesli“ ist von allen Seiten hindernisfrei zugänglich.
Zwischen „Wiesli“ und Neubau entsteht ein chaussierter Quartierplatz, der mit seinen vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten zum Treffpunkt wird und für Quartiersveranstaltungen genutzt werden kann. Zum Quartierraum im Neubau besteht ein direkter, barrierefreier Zugang.
Grundriss und Wohnungen
Als Reaktion auf die drei geforderten Kleinwohnungen schlagen wir eine offene Erschliessungsloggia mit direktem räumlichen Bezug zum „Wiesli“ vor. So profitieren alle Wohnungen von der hofseitigen Abendsonne als auch der strassenseitigen Morgensonne. Die feuerpolizeilich notwendigen „Gartentürli“ schaffen die gewünschte Privatheit der wohnungseigenen Aussenräume.
Die Wohnungen übersetzen das ortstypische Raumgefühl von strassenzugewandten Zimmern, Diele und dem Hof zugewandten Zimmern über die seitliche Versetzung von Ess- und Wohnzimmer. Diese räumliche Intervention schafft ein dem Quartier angemessenes, grosszügiges Raumgefühl innerhalb der für diesen Ort eher knapp geschnittenen Räume. Der mögliche Rundgang über das Schlafzimmer unterstützt dieses Anliegen. Die offene Feuerstelle schafft in den Wohnungen eine atmosphärische Mitte zwischen Strasse und Hof. Die fast gleich gross zugeschnitten Räume lassen eine flexible Nutzungszuordnung durch die Bewohner zu. Die Raumhöhe von 2.8m vollendet das „Museumsquartier-Ambiente“.
Die beiden Wohnungen im Dachgeschoss entwickeln sich um einen überdachten Innenhof mit Aussenklima. Die Esszimmer mit Bezug zum Hof sind über Eck von den Küchen erreichbar. Die Wohnzimmer sind lateral angeordnet und werden über die Feuerstellen ausgezeichnet. Die Schlafzimmer werden über eine Ankleide erschlossen. Die flächig in die Dachkonstruktion eingeschriebenen Fenster ermöglichen einen allseitigen Aussenbezug.
Materialität und Ausdruck
Absicht hinter dem Fassadenentwurf ist eine ruhige, fast diskrete Architektur die sich gerade dadurch selbstbewusst im Kontext behaupten kann. Geschlossene und offene Wandflächen sind dabei sorgfältig austariert und schaffen eine Verbindung zum Kontext. Die geschliffenen Kunststeinplatten fügen sich zu einem homogenen Fassadenbild zusammen. Über die erst von Nahem sichtbaren Fugen verspannt sich die Fassade im Kontext von Putzflächen, Natursteinquadern und Klinkerflächen. Der Sockel in Ortbeton entwickelt sich hofseitig zur Fassade. Die unterschiedlich gelagerte Bretterschalung von stehenden und liegenden Bauteilen schaffen eine feine Differenzierung. Metallfenster, Rollläden und fein eingerahmte Glasbrüstungen vervollständigen den Ausdruck. Das Mansardendach ist mit mattem Blech bekleidet. Die Kunststeinplatten mit ganz sanfter Rottönung stärken die Plastizität und Ruhe des Hauses.
Diese Rottönung der äusseren Kunststeinplatten wird als Farbmotiv für den Terrazzoboden der Wohnungen aufgenommen. In den Randbereichen wird die Einfärbung über andersfarbige Zuschlagstoffe variiert. So werden die einzelnen Räume aber auch das zusammenhänge Raumgefüge betont. Der aufgezogene Kalkputz führt zusammen mit der leichten Schrägstellung der Innenwände je nach Sonnenstand und Witterung dazu, dass die Räume zu eigentlichen „Leuchtkörpern“ für die jeweils angrenzenden Zimmer werden.



